Nach dem „Anlauf-Jahr“ 2013, das vor allem der Festlegung organisatorischer Strukturen (Arbeitsteam, Kompetenzen, Aufgabenbereiche) und der Vorstellung des Österreich-Zentrums dem hiesigen akademischen sowie breiteren Publikum (Werbebroschüre, Einrichtung der web-Seiten [http://www.oezentrum.cz/], informative Aufsätze in der Uni- und Regionalpresse) gewidmet war, hat das Olmützer Österreich-Zentrum im Jahre 2014/2015 alle geplanten Aktivitäten in allen Sparten voll entfaltet.
Ein großer Vorteil des Olmützer Österreich-Zentrums liegt darin, dass es bereits bestehende und bewährte Einrichtungen und Projekte (mit verwandten thematischen Schwerpunkten) überdacht und bündelt und dadurch Synergie-Effekte erzielen und nutzen kann. Es sind dies: die Arbeitsstelle für deutschmährische Literatur, der Lehrstuhl des Stiftungsprofessors der BRD, die Österreich-Bibliothek und das Österreich-Lektorat im Lehrstuhl für Germanistik, das Postdok-Programm des tschechischen Schulministeriums und der EU und das CEEPUS-Programm (Partnerschaft mit der Grazer Germanistik). Außerdem arbeitet das Olmützer Ö-Zentrum aufs engste mit der Österreichischen Botschaft in Prag und dessen Österreichischem Kulturinstitut zusammen und erfuhr heuer ideelle Stärkung durch das Programm der Internationalisierung der Palacky-Universität, das der neue Rektor, der Historiker, Prof. Miller, bei seinem Amtsantritt proklamierte und hier betonte, dass nicht nur die englischsprachigen Aktivitäten gemeint sind.
- Arbeitsstelle für deutschmährische Literatur: Grundlagenforschung, Sicherung der Archivbestände:
In der Arbeitsstelle konnte dank dem Postdok-Programm des tschechischen Schulministeriums und der EU die (allerdings auf begrenzte Dauer – bis Juni 2015 – finanzierte) Stelle des Geschäftsführers eingerichtet werden, die Dr. Motyčka besetzte. Unter seiner Leitung wurden (wie gewohnt) Recherchen unternommen, das Archiv und die Bibliothek der Arbeitsstelle wurden durch Neuzugänge (auch durch Schenkungen von Teilnachlässen – Schaukal, Krywalski) aufgefüllt, Archivbestände wurden sukzessive elektronisch gespeichert, gesichert und übersichtlich geordnet, so dass einzelne Forscher guten Überblick über und guten Zugriff auf das Material haben. Aus urheberrechtlichen Gründen kann das elektronisierte Archiv der AS allerdings nicht aufs Netzt gestellt werden, so dass Forschung nur „im Hause“ betrieben werden kann. Die informativen web-Seiten der AS werden durchgehend aktualisiert.
Im Jahre 2013 wurde eine neue interaktive Datenbank entworfen, in welche 2014/15 die Daten zur deutschmährischen Literatur eingespeichert wurden, so dass die Datenbank (nach weiteren Programmier-Verfeinerungen) Ende 2015 versuchsweise gestartet werden kann. Zugleich werden Sponsoren (österreichische/deutsche Firma mit Sitz in Tschechien) für die Finanzierung weiterer Programmier- und Auffüll-Arbeiten gesucht. Die mährische Unterlassung der Firma Siemens hat bereits die Schenkung eines kleineren Geldbetrags zugesichert.
Dank wissenschaftlicher Projekte der einzelnen Leiter der Arbeitsstelle/ Lehrstuhlmitglieder (Krappmann, Fiala-Fürst, Rinas) hat die Arbeitsstelle eine Ausweitung um und Konzentration auf drei thematische Schwerpunkte erfahren: Forschung zur Rezeption des 1. Weltkriegs in der deutschböhmischen Literatur (Krappmann), Erforschung der romantischen Epoche in der deutschböhmischen und deutschmährischen Literatur (Fiala-Fürst), das Böhmakeln (Rinas – in Zusammenarbeit mir der Universität Bamberg).
- Wissenschaftliche Auswertung und Bearbeitung des Materials, Erträge: Publikationen, Konferenzen:
2.1. Konferenzen
2014 wurden unter Teilnahme österreichischer Kollegen in Olmütz zwei unternationale wissenschaftliche Konferenzen veranstaltet:
– Franz Spunda im Kontext (3.-4.10.2014)
– Kulturtransfer am Beispiel (Post)Kakaniens (16.-17.10. 2014)
Die Referate beider Konferenzen werden in Buchform im Universitätsverlag 2015 publiziert.
– für den 22.-24.10. ist das Jahres-Treffen der Österreich-Zentren in Olmütz geplant
2.2. Publikationen
e-Buch-Reihe
2014 erschein der erster Band der e-Buch-Reihe des Österreich-Zentrums, Prager deutsche, deutschböhmische und deutschmährische Literatur. Eine Neubestimmung (Hrsg. Ingeborg Fiala-Fürst). Die e-Buch-Reihe wird 2015 mit einem Band von Jörg Krappmann, Religiöse Sinnsuche am Vorabend des 1. Weltkriegs am Beispiel von Wissenschaftlern aus Böhmen und Mähren fortgeführt.
Reihe Beiträge zur deutschmährischen Literatur
* Sabine Eschgfäller: Antroposofové na Moravě (a v Čechách): Příspěvek ke kulturním dějinám a orální historii antroposofického hnutí 1911–1992. Band 27, VUP, Olomouc, 164 s.
ISBN 978-80-244-4135-1.
* Kurt Krolop: Ludwig Winder. Sein Leben und sein erzählerisches Frühwerk. Ein Beitrag zur Geschichte der Prager deutschen Literatur. Hrsg. von Jörg Krappmann und Jaromír Czmero. Band 28, VUP, Olomouc 2015, ISBN 978-80-244-4674-5.
* Eine Monographie über Kurt Gröger befindet sich im Druck.
Reihe poetica moraviae
* Roman Karl Scholz: Výbro z díla/Auswahl aus dem Werk. Übersetzt von Lucy Topolská und Radek Malý, Band 6, VUP Olomouc 2014, ISBN 978-80-244-4067-5.
* Lukáš Motyčka, Barbora Veselá (ed.): Anthologie der deutschmährischen Literatur. (zweisprachig), Band 7, VUP Olomouc 2014, ISBN 978-80-244-4225-9.
* Katja Kernjak (ed.): „Milá pampeliško“ – „Lieber Hugo“. Die Korrespondenz zwischen Hugo (sowie Bibi) Haas und Friedrich Torberg. Band 8, VUP Olomouc 2014, ISBN 978-80-244-4045-3, 346 S.
* Eugen Schick: Z tichých uliček a o malých lidech. Band 9, VUP, Olomouc 2015. ISBN 978-80-244-4577-9.
* Karl Hans Strobl: Podivuhodné příběhy. Band 10, VUP Olomouc 2015. ISBN 978-80-244-4666-0.
Außerdem publizierten die Mitglieder der Arbeitsstelle und des Lehrstuhls diverse Zeitschriftenstudien zu österreichischen Themen und hielten Vorträge auf diversen Konferenzen – im Ausland und in Tschechien.
- Lehre und studentische wissenschaftliche Arbeit:
– Im Sommer- und Wintersemester 2014/15 wurde 7 Kurse (Vorlesungen und Seminare) zur österreichischen Kultur, Geschichte und Literatur angeboten.
– 5 Magisterarbeiten zum österreichischen Schwerpunkt wurden abgegeben und erfolgreich verteidigt, 7 Dissertationen zu österreichischen Schwerpunkten laufen, d.h. werden betreut und konsultiert.
– Die drei o.e. Projekte (1. Weltkrieg, Romantik, Böhmakeln) laufen unter Mitarbeit zahlreicher studentischer Hilfskräfte, so dass die Studenten aller Studienabschnitte im Forschungsprozess die Techniken und Methoden wissenschaftlichen Arbeitens lernen.
– Das Angebot österreichischer Themen bereicherten Gastvorträge österreichischer Wissenschaftler (Grazer Kollegen aus dem CEEPUS-Programm: Dr. Alice Le Trionnaire-Bolterauer, Doz. Dr. Christian Neuhuber Ao. Univ.-Prof. Dr. Günter Höfler, Dr. Christopher Ebner, Doz. Dr. Robert Vellusig) plus weitere Gäste: Prof. Helmut Lethen (IFK Linz), Karl Hohensinner, Bertold Voss (Linz), Sophie Zimmermann (Wien).
– Im April 2015 wurde eine studentische Exkursion nach Wien unternommen.
- Öffentlichkeitsarbeit/kulturelle Aktivitäten für breites Publikum („Ö-Events“):
– In Zusammenarbeit mit dem Professoren-Klub der Olmützer Universität „Societas cognitorum“ wurde im Sommersemester 2015 den Studenten und der breiten Öffentlichkeit ein interdisziplinärer Vorlesungszyklus 1815 angeboten. Die einzelnen 11 Vorträge behandelten die bildende Kunst – Goya (Ladislav Daniel), die Geschichte der Olmützer Universität (Jiří Fiala), die Literatur der tschechischen nationalen Widergeburt (Dalibor Tureček), die Literatur der deutschen Romantik (Ingeborg Fiala-Fürst), die Musik zwischen Klassizismus und Romantik (Marek Keprt), die Entwicklung der Naturwissenschaften um 1815 (Tomáš Opatrný), die Entstehung der historischen und vergleichenden Linguistik (Jiří Černý), die Napoleonischen Kriege (Miloš Trapl), die amerikanische Literatur der Ära Good Will (Michal Peprník), die Lage Lateinamerikas um 1815 (Ivo Barteček) und den Wiener Kongress als Wendepunkt in den Internationalen Beziehungen und im Völkerrecht (Stephan Wendehorst)
– In Zusammenarbeit mit der Österreichischen Botschaft in Prag wurde die Reihe Olmützer Deutschgespräche geplant und durchgeführt: Gespräche mit hervorragenden Persönlichkeiten des tschechischen öffentlichen Lebens, die eine Affinität zur deutschen Sprache haben und durch ihre Erfahrungen junge Leute zum Deutsch-Lernen animieren können. Es wurden bereits Gespräche geführt mit Karl Schwarzenberg (ehemaliger Außenminister der CR, Magda Vásáryova, (ehem. Botschafterin der CSR in Österreich), Peter Brod (ehem. Redakteur der BBC und Free Europe), Ivana Oborna (Prorektorin für Auslandsbeziehungen der Olmützer Universität) und Ales Brezina (Musiker). Die Gespräche werden im Wintersemester weiter fortgesetzt und danach für Rundfunksendungen verarbeitet.
– Im April 2015 fand in Zusammenarbeit mir der Olmützer Studienbibliothek der 1. Jahrgang der „tschechisch-deutschen/österreichischen Kulturtage“ statt, die innerhalb einer Woche eine Reihe von Veranstaltungen (Film- und Theatervorstellungen, Stadtführungen, Vorträge und Diskussionen, Dichterlesungen, Ausstellungen usw.) angeboten haben. Weitere Jahrgänge werden folgen.
– In Zusammenarbeit mit dem Rundfunk (Cesky rozhlas Olomouc, Cesky rozhlas Vltava) sind 13 neue Sendungen zur deutschmährischen Literatur entstanden.
– Die Mitglieder der Arbeitsstelle hielten mehrere öffentliche Vorträge über die deutschmährische Literatur (so z.B. im Ringvorlesungszyklus der Professorenvereinigung „Societas cognitorum“, in diversen Bildungs- und Kulturinstitutionen der Stadt und Region.
– mehrere Autorenlesungen und „Österreich-Events“ fanden statt, Ankündigungen, Einladungen und Berichte waren der Webseite zu entnehmen:
11.3.2014 Radek Maly: Rilke
19.3. 2014 Franzobel
14.4. 2014 Elisabeth Buschmann
4.11. 2014 Roman Karl Scholz + die Vissegrad-Nummer der Zeitschrfit Plav
11.12. 2014 Weihnachtskonzert der Wiener Jazz-Sängerin Irena Nosková
24.3. 2015 Milena Oda
– Das Österreich-Zentrum ist Mitträger der Kampagne Deutsch als Sprache der Geisteswissenschaften, die sich an Studenten der ganzen Welt wendet und sie zum Studium – diesmal zur Abwechslung auf Deutsch – nach Olmütz einlädt.
– Am 1. 1. 2015 wurde aus Initiative und unter Mitwirkung des Österreich-Zentrums an der Sprachschule der Philosophischen Fakultät der Palacký-Universität (UPLIFT) das ÖSD-Prüfungszentrum errichtet. „Österreichisches Sprachdiplom Deutsch“ versteht sich als ein kommunikativ orientiertes Prüfungssystem mit dem Ziel, fremdsprachliche Kompetenz im Hinblick auf reale Verwendungssituationen zu überprüfen. An dem Olmützer Prüfungszentrum kann man zweimal jährlich Prüfungen aller Sprachniveaustufen ablegen, wobei auch Vorbereitungskurse angeboten werden.
Insgesamt und abschließend ist festzustellen, dass das Olmützer Österreich-Zentrum 2014/2015 eine ansehnliche Reihe von Aktivitäten entwickelte. Die finanzielle Unterstützung des österreichischen Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft ermöglichte uns nicht nur, die bereits seit Jahren funktionierende Arbeitsstelle für deutschmährische Literatur zu bezuschussen (v.a. Datenbank+ studentische Mitarbeiter), sondern ermöglichte, viele weitere Aktivitäten – über den Rahmen der Aufgaben und Ziele der Arbeitsstelle hinaus – zu entwickeln. Das Österreich-Zentrum hat den Ehrgeiz, eine wichtige Kultur- und wissenschaftliche Institution zu werden, die sowohl im Rahmen der Palacky-Universität als auch in der Region und überregional wahrgenommen wird, wozu 2014/15 erste erfolgreiche Schritte unternommen wurden.
Prof. Dr. Ingeborg Fiala-Fürst